Kolumne September

                                                                     Gedanken zum September 2001

Freunde der leichten Muse,
der so hochgeschätzte ritualisierte Partysuff dieser Tage ist ohne Zweifel anders als der der letzten Wochen und Monate! Seit dem 11. September 2001 trägt die Partyseele Trauer. Es scheint, daß mit dem Einschlag der entführten Flugzeuge in das World Trade Center in New York auch die Fahne aller Helden der Nacht auf Halbmast hängt.

Da wo Hochhäuser schmelzen und zusammenbrechen, unschuldige Menschen Hand in Hand aus unendlicher Höhe springen, kleine Kinder nie wieder von ihren Eltern vom Kindergarten abgeholt werden können und tausende Menschen unidentifizierbar unter Schutt und Asche liegen, vermag einem das Saufen und Feiern tatsächlich vergehen. Der Champagner scheint trockener, das Bier schaler und wärmer als sonst zu schmecken, die herrlich belegten Party-Kanapees liegen mit einem mal schwerer im Magen und auch die Bässe aller Musikstücke scheinen dumpfer das Trommelfell zu massieren als in den Wochen zuvor. Sofern man sich in diesen Tagen überhaupt in das Nachtleben stürzt.

Die Bilder auf allen Fernsehprogrammen hämmern sich in den Kopf hinein und brennen sich in das, was von dem Partyhirn nach jahrelanger Strapaze noch übriggeblieben ist.

Mit einem mal scheint vieles unwichtig, was vor gar nicht langer Zeit oberste Priorität hatte. Es ist plötzlich verdammt egal, ob man in der V.I.P Area „Schampus for free" bekommt, ob Mädchen Seidentangas oder Omaschlüpper unter den hautengen Hosen und Röcken tragen oder ob all die anderen Jungs definiertere Körper oder fettere Portemonnaies haben. Alles scheint einem irgendwie sinnlos und vielleicht schämt man sich sogar einen Moment für die sonst so oberflächlichen Gedanken.

Alles ist vergänglich und kann so unvermutet schnell zuende sein.

*** Bang! Game over! ***

Aber was heißt das für die Partyköniginnen, Hedonisten und Suffköppe der Nation? Jetzt erst recht viel und kräftig feiern, weil ja alles so schnell vorbei sein kann? Oder erstmal ein paar Gänge zurückschalten, sich sammeln und auf das wirklich Wichtige im Leben konzentrieren und den Opfern gedenken?
Besonnen oder besoffen sein?
Die Frage muß jeder für sich selbst beantworten. Eins ist aber absolut sicher: Die Welt wird sich weiter drehen, auch wenn sie im Moment still zu stehen scheint. Champagner, Bier und Wodka Red Bull sind sicherlich nicht schlechter als sonst, alles schmeckt halt nur anders, wenn man die Katastrophenbilder vor Augen hat. Mädchen sind durch den 11. September 2001 bestimmt nicht häßlicher und Jungs nicht dicker geworden, auch wenn dieser Eindruck durch den Schleier auf der Regenbogenhaut vielleicht erweckt wird. Letztendlich spricht sogar viel dafür, daß in Zukunft wieder ordentliche rauschende Feste gefeiert werden, daß nackt auf den Tischen getanzt und Honig aus Bäumen fließen wird. Aber durch die letzten Tage hat das Partyherz sicherlich einen brutalen Knacks bekommen und die grausamen Bilder werden manch einen bestimmt noch lange beschäftigen, und trotzdem gehört das Feiern weiterhin zu den schönen Dingen im Leben, auf die man nicht verzichten sollte. Und ein echter Held der Nacht wird den 11. September auch mit 3 Promille nie ganz vergessen.

Prinz Pikkolo (19. September 2001)