Januar-Kolumne

Der Euro - "die Januar 2002-Kolumne"

Freunde der leichten Muse, die Zeit vergeht wie im Fluge, und wir werden immer älter - soviel steht fest! Silvester ist nun schon einen langen Monat vorbei und es scheint, daß eine ganze Menge um uns herum passiert ist: Miss Germany kommt aus Berlin, Sarah Connor hatte keinen Slip unter ihrem Kleid bei „Wetten dass...?"- Kiek ma´ eener an! - und Naddel hatte Koks an ihren zarten Fingerchen (alles Meldungen der BILD vom 28. Januar 2002!). Aber wir wollen doch nicht vergessen, was die Nation in diesem Monat am stärksten bewegt hat: Ja, genau! DER EURO!!!! Unsere schöne neue Währung. Symbol des vereinten Europas, des grenzenlosen Kontinents! Herrlich, was wir für Vorteile haben werden: Stabile vergleichbare Preise, niedrige Transaktionskosten, winzige Wechselkursrisiken und noch 1000 andere ganz tolle Sachen! Wir können Autos, Turbinen und Windkraftwerke in den anderen Ländern ganz billig einkaufen und kriegen noch einen Staudamm gratis dazu! Wir alle werden nachhaltig ganz groß auf der Gewinnerseite stehen!

Aber jetzt?
Viele von uns sind mit einem ordentlichen Schwips noch euphorisch in der Silvesternacht zum EC-Automaten gekrochen, um sich das neue Geld zu ziehen. Jeder wollte der Erste sein und das neue Geld in den Händen halten. Da haben sich in den deutschen Banken Szenen abgespielt wie 1989 bei der Verteilung des Begrüßungsgeldes! Nur leider gab es diesmal wirklich nix umsonst! Und trotzdem flutschten die kleinen lustigen Scheine wie Spielgeld durch die Finger. Ach ist der putzig, der niedliche 100 EURO Schein, dachte man noch bei sich. Und die 1 EURO Münze sieht ja lustig aus! Hat ja sogar eine goldene Mitte! Daß diese herzallerliebsten kleinen Teile aber doppelt so viel wert sind, wie die Deutsche Mark, mußte man erst in den nächsten Tagen schmerzhaft erfahren. Das Tanken ist ja doch nicht billiger geworden! Und es kam noch schlimmer: Zusätzlich wurden auch noch die Preise ganz klammheimlich und dreist angehoben. Die höchste Preissteigerungsrate der letzten Jahre, aber offiziell waren natürlich nur die Lieferanten schuld. Sorry! Manche Witzeclowns kreierten den miserablen Kalauerslogan: „Der Euro ist nen Teuro." So schlecht dieser Spruch auch ist, es scheint zu stimmen. Noch nie ging das Geld so schnell weg, wie in den letzten Wochen. Und noch nie hatte man eine so innige Beziehung zu dem EC-Geldautomaten.

Wir als Deutsche haben es bei der ganzen Umstellung natürlich auch etwas schwerer als manche unserer europäischen Nachbarn. Für uns scheinen die neuen Preise ja halbwegs normal zu sein! Es bedarf keiner wirklich großen Umstellung! Na und, dann kostet ein Bier halt nur 4 EURO .....

Die Italiener beispielsweise haben es da schon besser. Die merken täglich ganz kraß, daß sich bei ihnen preislich was geändert hat. Denn irgendwie ist es ja schon auffallend, wenn ein Bier plötzlich für 4 EURO zu bekommen ist, welches vorher ungefähr 81256378109911923508761235961256912535768 Lire gekostet hat. In Italien muß man ganz anders denken als bei uns! Wir nehmen die Preise einfach so hin. Und zudem dauert es jetzt doppelt so lange bis man Millionär wird, und man wird bald nie mehr einen Glückspfennig auf der Straße finden! Was für ein Ärger!

Aber der EURO hat natürlich auch was Gutes: Jeder Mensch in Europa hatte in den letzten Wochen ein brandneues „Smalltalk-Thema"! Noch nie wurde so wenig über das Wetter und das Rheumazipperlein geredet, denn man konnte ja über das neue Geld fachsimpeln. Jeder mußte seine Meinung kundtun: über Größe, Farbe und Design der Münzen und Scheine. Und obwohl es sich um ein und dieselbe Währung handelt, variieren die Aussprachen virtuos: Von E-Uro, Juro, Oiro, Öro bis Tzent, Zent, Sssssssssent ist alles zu hören.

Aber es gibt noch einiges, worüber man sich sehr wundern muß: Wo der EURO doch als das sicherste Geld der Welt gilt, scheint es sehr komisch, daß man Zigarettenautomaten mit ähnlichen Münzen aus Thailand austricksen kann. Denn manche Automaten können offensichtlich ein 10-Baht-Stück - das nur ein paar Pfennige wert ist - nicht von einem 2 EURO Stück unterscheiden. Skandal! Zumal die deutschen Sextouristen jetzt die Ausrede haben, sie führen nur nach Thailand, um ein wenig Kleingeld zu wechseln. Aber der größte Skandal ist, daß die offizielle Verabschiedungsshow der Deutschen Mark „Bye bye DM" im öffentlich rechtlichen Fernsehen von Ulla Kock am Brink moderiert wurde. Wie kann es denn sein, daß diese historische Sendung von der in der Presse so viel gescholtenen „Betrügerin der Nation" moderiert wurde, die der armen Frau Christiansen vor kurzem den Mann ausgespannt hat? Mußte es denn die umstrittenste Buh-Frau des Deutschen Fernsehens sein? Hat die gute alte D-Mark das denn verdient? Gab es keinen würdigen Gottschalk, Jauch oder Schmidt, der sich dieser verantwortungsvollen Aufgabe anvertraut hätte? Eine Show der Superlative mit Feuerwerk, Cheerleaders, tanzenden Elefanten, Freibier und den Berliner Philharmonikern? Anscheinend nicht. Der EURO hat knallhart das Symbol des deutschen Wirtschaftswunders abgelöst, so daß keine Sentimentalitäten zugelassen wurden. Ja, so schnell kann es gehen. „DM is out, EURO is the future!" Aber wer wirklich cool ist, hebt sich noch einen tausend Markschein auf, um damit dann noch ganz offiziell am 28. Februar 2002 in einem kleinen Café eine Latte Macchiato zu bezahlen. Aber dann heißt es: „Tschüss, liebe D-Mark"! Winke Winke!

Prinz Pikkolo, Januar 2002